Skandinavischer Adel

Skandinavischer Adel Titelbild

    In Skandinavien war der Adel ursprünglich mit der besonderen Verpflichtung verbunden, dem König in Kriegszeiten zu dienen – eine Pflicht, die zu einer Befreiung von Abgaben berechtigte. Daher ist der Adel an eine Person und nicht an die Familienlinie gebunden. Erst als der Adel erblich wurde, konnte er sich von der Verpflichtung zum Militärdienst befreien. Der Monarch konnte nun Adelstitel an andere wichtige Funktionsträger des Staats verleihen, die ihm eine lebenslange Treuepflicht schuldeten und deren Nachkommen ebenfalls als Adelige galten. Auf diese Weise blieb der Adel auch in späteren Generationen erhalten, auch wenn seine Funktionen und Privilegien schon lange nicht mehr genutzt wurden. In Skandinavien gibt es – mit Ausnahme der Mitglieder der Königshäuser – keinen Hochadel.

    Adel in Dänemark

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    In Dänemark ging der Adel aus einer Klasse von freien Großbauern hervor. Als Erstes entstand die sogenannte „Herremandsklasse“. Daraus kam später der königliche Hirð hervor, die Gefolgschaft. Diese Herremenn hatten dem König oder einem Bischof einen Treueeid geschworen und versprachen den Militärdienst in einer besonderen Rüstung. Im Gegenzug bekamen sie Lehen oder Sold sowie Rechtsschutz. Bis ins 12. Jahrhundert waren sie aber nicht von Abgaben an die Obrigkeit befreit.

    Im 13. Jahrhundert entstand aus dieser heterogenen Gruppe der Herremenn eine neue Klasse, die der Ritter. Sie unterschieden sich durch den Ritterschlag von den Waffenträgern (armigeri).

    Es wurde eine neue Unterscheidung zwischen „Uradel“ und „Briefadel“ getroffen. Der Uradel existierte vor der Einführung des Adelsbriefs. Adelspatente wurden ab der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts vom König ausgestellt. So sollte der Zugang zum Adel begrenzt werden. Unter den Adligen entstand ein System sozialer Klassen: Großgrundbesitzer wurden zum Hochadel, während diejenigen mit kleinen Ländereien als Niederadel bezeichnet wurden, und um 1400 auch als „Knappen“ (Væbner). Der Adel distanzierte sich von den unteren Schichten. Daher wurde der Adel 1526 verpflichtet, feste Geschlechternamen anzunehmen, um sich von anderen Ständen zu unterscheiden. Im Laufe der Jahre wurden die Ämter in der königlichen Regierung ausschließlich von Angehörigen des Hochadels besetzt, da es vielen Angehörigen des Niederadels an Bildung oder Vermögen mangelte.

    Der Adel hatte kein Interesse daran, dass der König jeden in den Adelsstand erheben konnte, und so wurde in der Wahlkapitulation Christians II. von 1513 festgelegt, dass der König Personen nur mit Zustimmung des Reichsrats in den Adelsstand erheben konnte. Eine Ausnahme war, wenn eine Person besondere Auszeichnungen auf dem Schlachtfeld erlangt hatte. Zwischen 1536 und 1660 baute der Hochadel seine Kontrolle über den Reichsrat weiter aus. Eine kleine Gruppe des reichsten Hochadels sicherte sich exklusiven Zugang zu lukrativen Regierungsämtern und Posten im Reichsrat. Im Jahr 1660 verlor der Adel mit der Einführung des Absolutismus seine Macht.

    Nach 1660 existierte der alte Geburtsadel zwar weiter, doch verlor er stark an Macht, Privilegien und Ansehen. Auch Nichtadligen war es nun möglich, in Regierungsgremien und den privaten königlichen Beraterkreis („Geheimer Rat“) aufzusteigen. Trotzdem waren immer noch die Adligen in der Überzahl. Zusätzlich gab es nun den sogenannten Briefadel. Der König verlieh Adelstitel an verdiente Bürgerliche.

    In Artikel 97 der Verfassung von 1849 wurden alle adligen Privilegien abgeschafft. In Artikel 98 wurde es verboten, neue Lehen, Stammhäuser oder Fideikommisse zu errichten. Bestehende Güter sollte in freies Eigentum überführt werden. Auch heute gilt dies noch, aber unter anderer Zählung. Den Adelsbegriff gibt es noch. In Dänemark wurde nach dem Jahr 1849 niemand mehr in den Adelsstand erhoben, abgesehen von ausländischen Adligen, die in den dänischen Adelsstand übernommen wurden (Naturalisation).

    Adel in Finnland

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    Der finnische Adel wurde erst durch den Zusammenschluss mit Schweden gebildet. Bereits im 14. Jahrhundert war der Adel in der südwestlichen Küstenregion Finnlands fest etabliert. Die Verhältnisse des Adels waren ähnlich wie in Schweden. Trotz der Gemeinsamkeiten gab es jedoch einige bedeutende Unterschiede in der sozialen Zusammensetzung und auch zwischen dem Adel, der den Bischöfen unterstellt war, und denjenigen, die direkt unter dem König standen. Es gab Ämter, die den Mitgliedern bestimmter Adelsfamilien vorbehalten waren. Bei der Heirat mit einem Nicht-Adligen ging der Adel nicht verloren. Auf diese Weise konnte ein Adliger, dem es an Reichtum mangelte, seinen Adel durch die Heirat mit einem Partner aus dem Bürgertum aufrechterhalten. Denn wenn er sich die erforderliche Rüstung nicht mehr leisten konnte, wurde ihm der Status entzogen. Das galt auch für den niederen Adel, die Flöteskattmännen, die Bauernhöfe bewirtschafteten und dafür Steuern zahlten. Ihm wurden Aufstiegsmöglichkeiten verwehrt. Es war nicht unüblich, dass ein nicht adliger Ehemann bei der Heirat das Wappen und den Namen seiner Frau annahm.

    Die alten Adelsfamilien wurden 1818, nach der Trennung Finnlands von Schweden, in einer finnischen Ritterschaft zusammengefasst. Mit der Landtagsverordnung vom 15. April 1869 sicherte sich der Adel seine Mitwirkung an der Gesetzgebung und Besteuerung. Es gab verschiedene Adelsklassen: Grafen, Fürsten, Ritter, Freiherren, und Herren.

    Seit 1809 war der russische Zar unter dem Titel „Großfürst von Finnland“ bekannt. Er beanspruchte das Recht, Personen als Adlige zu benennen. Heutzutage gibt es noch etwa 100 Adelsfamilien. Eines der Privilegien, die der Adel in der Vergangenheit genoss, war die Befreiung von Steuern auf seinen Grundbesitz, doch dieses Privileg verschwand mit der Verabschiedung eines neuen Steuergesetzes, das Einkommens- und Vermögenssteuern für alle Bürger einführte.

    Adel in Island

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    Bereits im 12. und 13. Jahrhundert wurde eine Reihe von Isländern am norwegischen Königshof aufgenommen. In den Jahren 1262/1264 unterstellte sich Island der norwegischen Herrschaft. Erst für ab 1277 gibt es Überlieferungen der Vererbung von Adelsprädikaten an Isländer.

    Die Könige ernannten die Ritter zu ihren Statthaltern. Die damalige isländische Anrede war dann herrar oder frú.

    Die Einführung des Absolutismus in Dänemark im Jahr 1660 beendete die Ära des Adels in Island.

    Die Quellen geben keine Auskunft über die soziale Bedeutung oder die Funktionen, die mit Adelstitel und -prädikat verbunden waren.

    Die Quellen erwähnen keine Adligen in Island nach 1277. Die Nachkommen derjenigen, denen der König den Adel verliehen hatte, besaßen selbst keine Adelstitel. In Island gab es keine adeligen Territorien wie Grafschaften oder Herzogtümer. Dem Adel waren keine besonderen Funktionen vorbehalten, so dass man von einem reinen Ehrentitel ausgehen kann, der die Rolle des Adeligen als Vertreter des Königs in dessen Abwesenheit betonte.

    Daneben gab es auch eine Klasse von kirchlichem Adel – Bischöfe, Äbte und Äbtissinnen. Die Mitglieder dieser Klasse stammten aus den mächtigsten Familien in Island und Norwegen. Die beiden Bischöfe von Island hatten nach 1262 im norwegischen Reichsrat Sitz und Stimme, doch mit der Reformation endeten diese Privilegien endgültig.

    Adel in Norwegen

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    In Norwegen sind aufwendige Gräber die ersten archäologischen Belege für eine besondere Häuptlingsklasse. Im Norden führte der Handel mit den Samen, den „Finnen“, zur Entstehung einer Oberschicht, deren Mitglieder den Handel mit Pelzen und anderen Waren in den Süden kontrollierten. Auch bei den Samen kam es zu einer Schichtung. Im Mittelalter wird in den historischen Berichten von finnischen Königen gesprochen. In dieser Zeit bildeten sich zwei Machtzentren heraus: zum einen das zentrale Königtum und zum anderen einzelne mächtige Familien. Nachdem Norwegen zu einem Königreich geworden war, wurden die Staatsoberhäupter vom König aus den Reihen der Familien ernannt, die in früheren Generationen zu Ansehen gekommen waren. Ab dieser Zeit kann man vom Adel sprechen. Mit der Zeit wurden jedoch Großgrundbesitzer zu Führern des Königreichs, indem sie zu Lendmännern ernannt wurden – ein besonderes Vertrauensverhältnis zum König. Ein königliches Gefolge, die Hirð, tauchte erstmals im 12. Jahrhundert auf. Sie leisteten einen besonderen Treueeid. Sie waren davon befreit, Steuern zu zahlen und zum Militärdienst einberufen zu werden.

    Nach der großen Pestepidemie von 1348/1349, auf die verschiedene andere Seuchen folgten, nahm der Adel zunehmend ab. Der politische Einfluss dieser Familien und die Frage, ob sie auf lokaler Ebene mehr oder weniger einflussreich waren, bedarf weiterer Untersuchungen. Nach 1523 gab es nur noch eine Adelsfamilie von hohem Rang, die Familie Galle, die von zwei Brüdern geführt wurde. Das Geschlecht starb im 17. Jahrhundert aus. In Norwegen erneuerte sich der Adel nicht durch ein aufstrebendes wohlhabendes Bürgertum oder dadurch, dass er vom König in den Rang erhoben wurde, wie es auf dem Kontinent im Mittelalter der Fall gewesen war. Der norwegische Unionskönig zog es vor, norwegische Lehnsgüter an dänische Adlige oder Nichtadlige zu belehnen (zu vergeben). In seiner Wahlkapitulation von 1513 stellte König Christian II. fest, dass der norwegische Adel praktisch ausgestorben war. Im Laufe der Zeit übertrug er alle wichtigen Lehen an seine Gefolgsleute, häufig auch Nichtadlige. Diese wurden dadurch nicht adlig.

    Im 16. Jahrhundert wurde der norwegische Adel durch dänische Adlige erweitert, die Witwen und Töchter von aussterbenden Adelsfamilien heirateten. Dies führte zu einem neuen Hochadel. Gleichzeitig gewann der norwegische Niederadel an Macht. Im Vergleich zu ihren skandinavischen Verwandten waren die norwegischen Adligen arm. Der norwegische Adel war auch politisch nicht stark. Der dänische Adel spielte die dominierende Rolle bei der Verwaltung des gesamten dänischen Reiches. Im Jahr 1536 wurde der norwegische Reichsrat, in dem Adel und Klerus vertreten waren, abgeschafft. Nur in Ausnahmefällen konnte ein norwegischer Adliger in den dänischen Reichsrat gelangen. Innenpolitisch blieb der Adel die führende Klasse in Norwegen. So vertraten sie beispielsweise 1548 das Volk bei der Huldigung des Königs, aber alle Entscheidungen lagen letztlich bei den Adligen Dänemarks. Der Adel war praktisch seiner Privilegien beraubt und auf die Position eines wohlhabenden Grundbesitzers reduziert. Nach der Einführung der Monarchie wurde der Adel zurückgedrängt, so dass nur noch eine Familie – die Huitfeldts – ihre Stellung behielt.

    Im Jahr 1671 schuf der norwegische König einen neuen Adel, die Grafen und Barone. Die Rangordnungen von 1693 und 1730 begründeten einen neuen erblichen Adel mit Titeln, die an die Nachkommen aller Beamten vererbt werden konnten, die Ämter der drei höchsten Rangklassen innehatten. Dabei handelte es sich jedoch lediglich um Ehrentitel ohne besondere Berechtigungen.

    Nach dem Abschluss des Kieler Friedens gab sich Norwegen eine eigene Verfassung. Es wurde bestimmt, dass zukünftig keine Baronien, Fideikommisse, Grafschaften oder Stammhäuser mehr errichtet werden durften. Außerdem wurden keine erblichen Vorrechte mehr erlaubt. Der aktuelle Status blieb damit erstmal unverändert. 1821 wurden die meisten Privilegien des norwegischen Adels aufgehoben. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es in Norwegen keinen Adel mehr.

    Adel in Schweden

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    Im 13. Jahrhundert verpflichteten sich bestimmte bedeutende Familien zu besonderen Militärdiensten und wurden im Gegenzug von Abgaben befreit. Die Aufgabe der Ritterschaft bestand darin, einen Ritter zu Pferd und in voller Rüstung zu stellen. Das Landgesetz von Magnus Eriksson aus dem Jahr 1347 erklärte die Mitglieder des Rates, die Ritter und die Knappen zu Adligen. Freie Bauern konnten sich in den Adelsstand erheben, indem sie einen Ritter in voller Rüstung stellten. Wenn sie dies jedoch später nicht mehr konnten, galt die Abgabenbefreiung nicht mehr. So galten nicht nur die Ritter als adlig, sondern auch die Bergwerksbetreiber, die ebenfalls von ihren Pflichten befreit waren und dem Ritterhaus beitraten.

    Im Jahr 1435 wurde der Adel zu einer eigenen Klasse neben Klerus, Bürgern und Bauern. Der Adel erwarb schnell besondere Privilegien – die Gerichtsbarkeit über die eigenen Güter und das Patronatsrecht. Am Ende des 16. Jahrhunderts galt die Pflicht zum besonderen militärischen Dienst in eigener Rüstung nicht mehr. Doch die Befreiung von Abgaben blieb bestehen.

    Gustav II. Adolf gründete das Ritterhaus im Jahr 1625 durch den Erlass einer Ritterhausordnung. Alle Adligen mussten sich dort registrieren lassen, so dass es sich um eine geschlossene Körperschaft handelte. Es gab drei Rangklassen im Ritterhaus: die „Herrenklasse“ aus Grafen und Freiherren, die im Reichsrat vertretenen (oder dazu befähigten) Familien und die übrigen Adligen.

    Nach 1865 war der Reichstag nicht mehr in vier Stände unterteilt. Infolgedessen verloren die Adligen ihre Vormachtstellung. In der Verfassung von 1975 wurde die Möglichkeit der Erhebung in den Adelsstand nicht mehr erwähnt. Mit Wirkung vom 1. Juli 2003 verlor die Ritterschaft ihren privilegierten Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts und wurde zu einer juristischen Person des Privatrechts.

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